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Reiten und Pferde

„Über die Angst (Teil 2)“

Und mutig ist derjenige, der sich traut seine Angst zu zeigen. Ich glaube, dass unsere größte Angst im Umgang mit Pferden die Angst vor der eigenen Verletzlichkeit ist. Oft verbunden mit einem mangelndem Vertrauen in sich selber und / oder in das Pferd.

Und mutig ist derjenige, der sich traut seine Angst zu zeigen. Ich glaube, dass unsere größte Angst im Umgang mit Pferden die Angst vor der eigenen Verletzlichkeit ist. Oft verbunden mit einem mangelndem Vertrauen in sich selber und / oder in das Pferd. Diese Angst und das mangelnde Vertrauen lässt uns oft Dinge tun oder sagen, die nicht wirklich dazu dienlich sind , eine Situation für alle Beteiligten sinnvoll zu lösen.

Die Angst sorgt, wenn sie als solches nicht anerkannt wird, für einen Tunnelblick.

Ich versuche das mal mit einem Beispiel zu erklären. Eine Reitschülerin erzählte mir , dass ihr Pferd im Gelände nicht über eine Brücke gehen wollte, weil es offensichtlich Angst hatte. Ja , auch Pferde haben Ängste. Die beiden kennen sich noch nicht so lange. Aus diesem Grunde ist das Vertrauen der beiden zueinander noch nicht so groß. Für mich ist das ganz offensichtlich und vor allem verständlich . Die Reitschülerin war frustriert. Sie hatte alles probiert. Es wurde mehr oder weniger deutliche Überzeugungsarbeit geleistet, die allerdings erfolglos blieb. Der Widerstand des Pferdes wurde immer grösser . Es wurde gefährlich. Völlig deprimiert hat sie dann ihr Pferd gewendet und ist einen anderen Weg geritten. Ich finde das schlau, sie erlebte es als Niederlage. Warum bist du denn nicht abgestiegen und hast ihn rüber geführt , habe ich sie gefragt. Ihre Antwort war , dass das Pferd dann ja gewonnen hätte und gelernt hätte sich durchzusetzen. Hmmm, was für ein Bild haben denn einige von uns von ihren Pferden ? Pferde planen nichts gegen uns . Sie wollen uns nicht “ verarschen“. Sie wollen nicht gewinnen. Schließlich sind sie ja nicht im Krieg. Allerdings kann man das eine oder andere mal den Eindruck bekommen , das es so wäre. Pferde sind Herden- und Fluchttiere. Sie streben nach Harmonie und Sicherheit. Sie wollen Gleichklang und Verbundenheit. Wer in so einer Situation absteigt und sein Pferd an der “ Gefahr “ vorbei führt, anstatt das Pferd versucht daran vorbei zu treiben, der beweist seinem Pferd damit, wie mutig und souverän er / sie ist.

Der Mutige geht voran.

Das Pferd lernt dabei, dass sein Mensch auch auf seine Bedürfnisse und Ängste achtet. Es lernt , dass wenn es unsicher ist, der Mensch voran geht und die Verantwortung übernimmt. Das schafft Vertrauen und Mut. Auf beiden Seiten. Viele Reiter kommen jedoch in ihrer “ Angst “ gar nicht darauf, eine andere Lösung zu suchen. Die Angst des Pferdes , oft auch die eigene Angst wird ignoriert. Genau das sorgt jedoch oft für brenzlige Situationen. Das Pferd spürt unsere Angst. Unsere Atmung verändert sich und unser Muskeltonus ist deutlich erhöht. Zusätzlich schütten wir ordentlich Stresshormone aus. All das nimmt das Pferd wahr. Es nützt also nichts, nur so zu tun als wäre man mutig oder hätte keine Angst. Das Pferd durchschaut den Widerspruch und dieser Widerspruch macht das Pferd noch unsicherer. Deshalb seid ehrlich und authentisch zu euren Pferden. Lieber einmal mehr absteigen, wenn man sich unsicher fühlt und mit einem guten Gefühl von unten die Situation meistern, als auf dem Pferd der Angst mit Gewalt zu begegnen.

Was können wir also von der Angst lernen ?

Der vom Pferd und unserer eigenen Angst ? Mit Gewalt wird sie nicht weniger. Es macht manchmal Sinn, nach einem anderen Weg zu suchen. Man hat nicht verloren , weil man nach gibt. Vielmehr hat man Grösse bewiesen. Sich seine eigenen Ängste eingestehen und sie auch offen zu kommunizieren, hilft dabei , Lösungen zu finden. Muss man sich denn immer überall durchbeißen ? Kann man nicht auch mal sagen : “ Das schaffe ich heute nicht .“ “ Das ist mir zu viel, davor habe ich heute Angst.“ Die Frage ist , wie du mit der Angst umgehst. Lässt du dich von ihr einschüchtern oder stellst du dich ihr mutig entgegen ?