Man lernt von dem Pferd am meisten, dass einen am meisten fordert. Das sind oft die Pferde, die anders als die meisten Pferde sind. Bei ihnen klappt meist nicht das, was bei allen anderen gut funktioniert hat. Bei ihnen muss man sich etwas neues einfallen lassen. Mal einen anderen Weg gehen und vor allem an sich selber arbeiten.
Sind das deswegen „schlechte“ Pferde? Natürlich nicht!
Es sind die Katalysatoren in unserem Leben, die dafür sorgen , dass wir wachsen. Wenn das Jahr 2020 nun ein Pferd wäre , dann wäre es wohl das ultimative Pferd. Das Pferd, das unsere Grundfeste erschüttert, unser ganzes Wissen in Frage stellt und uns auffordert aus den „alten Wissen und Gewohnheiten“ auszubrechen und nach neuen Wegen zu suchen.
Ja , es war ein echt beschiss…. Jahr. Auch für mich und viele meiner Freunde. Soviel Krankheit, Unfall, Tod und Angst habe ich noch in keinem anderen Jahr erlebt. Was mache ich jetzt mit meinem 2020 – Pferd? Ich könnte es verkaufen. Spätestens am 01.01.2021 bin ich es los geworden.
Aber wenn 2020 mein Pferd ist, das mich herausfordert zu wachsen, welche Chance hätte ich dann vertan, wenn ich es einfach ziehen lasse? Also schaue ich , was mir 2020 zeigen wollte und was ich vielleicht von ihm lernen sollte.
2020 war von Anfang an schwierig.
Es startete im Januar mit einer schweren Erkrankung einer Freundin von mir. Gleich am Anfang des Jahres spürte ich eine Angst und Hilflosigkeit, die man lieber nicht zu nah an sich heran kommen lassen will. Aber sie kam näher. Wolke aus der schützenden Hand hatte eine schwere Verletzung am Hals. Laut Tierarzt hatte sie mehrere Schutzengel.
Naja: aus der schützenden Hand 🤗.
1 cm tiefer und die hätte sich die Halsschlagader verletzt und wäre vermutlich verblutet. Horror, und wieder diese grosse Angst. Dann kam Corona und damit die Anst vor Ansteckung , Krankheit und vor allem finanzielle Sorgen. Weil, wie alle Trainer musste auch ich auf das unterrichten verzichten. Und wenn das nicht schon genug wäre, hat das Jahr ein weiteres Mal zugeschlagen.
Im Juli hatte ich einen Unfall, bei dem ich mir beide Handgelenke gebrochen habe.
Mit einem Schlag war ich komplett hilflos. Völlig abhängig von der Hilfe anderer Menschen. Ohne weiter ins Detail zu gehen. Ich konnte gar nichts mehr tun und brauchte überall Hilfe. Es war schrecklich und sehr sehr peinlich und schambelastet. Und ich hab mich gefragt: „Verdammte Scheisse, wofür soll das denn gut sein? Was soll ich davon lernen?
Worin liegt der Sinn, wenn man komplett hilflos und abhängig ist?
Was soll gutes dabei heraus kommen?“
Im Moment des „grossen Unglücks“ habe ich das Gute darin natürlich nicht erkennen können. Ich hatte nur das Vertrauen, dass am Ende bestimmt etwas Gutes dabei heraus kommt. Und??? Was ist nun Gutes dabei heraus gekommen?
In der Familie sind wir wieder näher zusammen gerückt.
Meine 71 – jährige Mutti ist zur „Übermutti“ mutiert und ist, um mir zur Seite zu stehen über sich hinaus gewachsen. Und mein leiblicher Vater , mit dem ich eigentlich nur 1x Jahr Kontakt habe, hat seine Chance ergriffen und gezeigt, dass auch er immer noch für mich da ist, wenn ich ihn brauche. Ich habe Hilfe bekommen, von Menschen, von denen ich es nicht erwartet hätte.
Meine Freunde haben mir gezeigt , wofür Freunde da sind. Nämlich bedingungslos an meiner Seite zu stehen und Probleme zu lösen, bei denen ich keinen Weg gefunden habe.
Ich habe neue Freundschaften geschlossen, einfach weil sich mein Tagesablauf um 180 Grad verändert hat und ich auf einmal an Orten war, die ich sonst nicht aufgesucht hätte.
Ich habe durch meine Abhängigkeit und Hilflosigkeit eine ganz neue Seite an mir kennen gelernt.
Vor allem habe ich andere Seiten an den Menschen in meiner Umgebung kennen gelernt. Im Grunde habe ich gemerkt wie „engstirnig und festgefahren“ ich so im Umgang mit mir selber und mit anderen Menschen war. Am Ende des Jahres glaube ich sagen zu können , dass 2020 mehr “ Frieden “ in mein Leben gebracht hat.
So ist aus meiner Sicht aus einem echt „beschiss…. Jahr 2020“ , ein zwar sehr schweres und beängstigendes , aber dennoch gutes Jahr geworden. Für die die jetzt noch da sind , sorry es ist wohl wieder etwas lang geworden. Dabei hab ich mich doch kurz fassen wollen. 😉
Ich wünsche Euch allen da draussen friedliche Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr. Ich wünsche Euch , dass ihr den Mut und die Hoffnung nicht verliert und jeden Tag in eurem Leben mindestens ein Mensch oder Tier an eurer Seite steht.
