Was hat das denn miteinander zu tun? Das ist ein Thema was eigentlich ganz einfach ist und doch so komplex und meiner Meinung nach oft missverstanden oder fehlinterpretiert. Gott, wie viele Bücher habe ich darüber gelesen? Wie viele Diskussionen habe ich darüber geführt?
Wie oft habe ich Widersprüche in den unterschiedlichen Aussagen entdeckt?
Wenn ich dachte, das ich es jetzt verstanden habe, dann hat ein anderer Mensch mich vom Gegenteil überzeugt. Da gibt es die rechts- und die links-hohlen Pferde. Die Zwangsseite und die hohle Seite. Standbein und Spielbein. Das tragende und das schiebende Hinterbein. Holzbein und Säbelbein. Die starke Diagonale und die schwache Diagonale. Und so weiter und so fort.
Puh, ich hab mich vogelig gemacht, um all die Theorie zu verstehen und jederzeit wiedergeben zu können. Viel wichtiger ist jedoch, meiner Meinung nach, zu „FÜHLEN“, was hinter der Theorie steht. Wissen, ohne ein Gefühl dafür zu haben, ist eben nur Wissen und damit bloße Theorie. Theoretisch gibt es wahrscheinlich viel mehr gute Reiter, als praktisch. Natürlich ist ein großes theoretisches Wissen rund um die „Reitkunst“ und die Anatomie des Pferdes ein unbedingtes Muss. Jedoch hilft Wissen alleine eben nicht dabei, ein Pferd korrekt auszubilden oder besser noch selber ein guter Reiter zu werden. Jeder Reiter sollte auch ein entsprechendes Gefühl mit der Theorie in Verbindung bringen.
Und das ist auch das Schwierigste beim reiten lernen.
WIR MÜSSEN DAS FÜHLEN LERNEN!!! Und was wir fühlen, sollten wir analysieren können, um dementsprechend dem Pferd in der Ausbildung zum Reitpferd, helfen zu können. Wenn ich nicht fühle welches Vorderbein mein Pferd mehr belastet, dann kann ich auch nicht gezielt darauf Einfluss nehmen. Wolke aus der schützenden Hand (fast 6 Jahre alt) zeigt zum Beispiel auf diesem Foto deutlich, welches ihr Standbein und welches ihr Spielbein ist. Hier also mal eine ganz ganz ganz kurze Zusammenfassung ihrer natürlichen Schiefe. Wolke ist ein links hohles Pferd. Sie stützt sich mehr auf ihr rechtes Vorderbein. Damit steht ihre rechte Schulter weiter vor, während das linke Vorderbein eine ausgeprägtere Schultermuskulatur hat. Das rechte Hinterbein braucht noch mehr Tragkraft und das linke Hinterbein braucht mehr Tragkraft und Schubkraft. Das Ziel der Ausbildung ist das geradegerichtete, durchlässige Pferd, welches sowohl seine Vor-, wie auch seine Hinterhand gleichmäßig belastet und damit auch gleichmäßig bemuskelt ist. In der Skala der Ausbildung steht die Geraderichtung an 5 Stelle. Hmmm, was würde wohl passieren, wenn ich Wolke erst fast ganz zum Schluss gerade richten würde??? Tja, vermutlich hätte sie vorher vorne rechts ihren ersten Sehnenschaden oder einen Hufrollenbefund. Und wenn ich mal so weiter denke. Wie kann ein Pferd Losgelassenheit unter dem Reiter finden, solange es sich nicht gleichmäßig und damit ausbalanciert bewegt ? Und wenn ein Pferd ein Vorderbein mehr belastet, also eine längere Stützbeinphase hat, wie kann es dann seinen korrekten Takt finden?
Für mich steht die Losgelassenheit an erster Stelle in der Ausbildung.
Ich wünsche mir von Wolke das sie zu jeder Zeit und in jeder Lektion losgelassen ist. Das ist der momentane Schwerpunkt meiner Arbeit und das bedeutet für Wolke und für mich, das wir an ihrer Geraderichtung arbeiten. Die 6 Punkte der Skala der Ausbildung machen natürlich alle Sinn und ergänzen sich gegenseitig. Jedoch glaube ich, das viele Reiter den Fehler machen, die Skala der Ausbildung als eine Reihenfolge anzusehen. Also erst der Takt, dann die Losgelassenheit dann…..! Meiner Meinung nach, führt diese Vorgehensweise relativ schnell zu Problemen körperlicher und seelischer Art beim Pferd. Hmmmm, sehr provokant von mir??? Ich denke halt nur öffentlich nach.