Kategorien
Reiten und Pferde

Vom Jungpferd zum Reitpferd

Mein „Jungpferd“ Wolke ist nun 7 3/4 Jahre alt. Ist sie jetzt ein fertiges Reitpferd? Hmmm, zumindest sind wir aus dem „gröbsten“ raus.
Anbinden klappt, still stehen klappt, das Gras auf der anderen Seite des Zaunes wird nicht mehr heimlich besucht.

Zwischen Führung und geführt werden.

Mein „Jungpferd“ Wolke ist nun 7 3/4 Jahre alt.

Ist sie jetzt ein fertige Reitpferd?

Hmmm, zumindest sind wir aus dem „gröbsten“ raus. Anbinden klappt, still stehen klappt, das Gras auf der anderen Seite des Zaunes wird nicht mehr heimlich besucht. Wenn man sich wälzen will, dann hält man Abstand zum Zaun, damit man sich nicht im Zaun wieder findet. Wenn etwas im Trog liegt, dann schlingt man es nicht wie ein hungriger Löwe herunter, um sich daran zu verschlucken, sondern genießt genüsslich sein Mahl.

An der Longe wird nicht mehr soooo wild und unkontrolliert getobt, dass einem dabei die Beine wegrutschen und man zum fallen kommt. Ja, auch dass muss gelernt werden, seine Energie- und Temperamentsausbrüche den Bodenverhältnissen anzupassen.

Bis ein Jungpferd ein „sicheres Reitpferd “ wird, muss sehr viel gelernt werden

Wolke ist etwas geduldiger geworden, bringt allerdings immer noch recht deutlich zum Ausdruck, wenn ihr etwas nicht gefällt. Und hier entscheidet sich wohl, wer ich bin und was für ein Pferd ich möchte.

Bestimmer oder Dialog?

Möchte ich der „Bestimmer“ sein und will ich die absolute Kontrolle oder möchte ich in einem Dialog mit meinem Pferd treten?

Beides hat natürlich Vor- und Nachteile

Kommen wir zuerst zu den Bestimmern und Kontrollfreaks.

Die Vorteile liegen auf der Hand.

ALLES IST UNTER KONTROLLE.

Der Rahmen in dem sich das Pferd bewegen darf ist relativ klein. Das Pferd muss lediglich dem Reiter gehorchen. Es entsteht eine vermeintliche Sicherheit. Der Nachteil hierbei ist, dass das Pferd dabei ein wenig oder ganz sein Strahlen verliert. Es wird zum Objekt. Es soll nur funktionieren. Die Persönlichkeit des Pferdes wird nicht wahrgenommen, gefördert, gefordert und gepflegt.

Und nun zu den „Mein Pferd ist mein gleichberechtigter Partner“ Typen oder etwas anders formuliert:“ Ich möchte einen Dialog mit meinem Pferd.

Hier ist es für mich schwieriger die Vor und Nachteile so klar zu benennen. Vielleicht weil ich mich selber in dieser Kategorie sehe.

Als Vorteil sehe ich ganz klar, dass sich dabei Pferde entwickeln, die ein Strahlen in den Augen haben. Diese Pferde bewegen sich mit mehr Elan und Ausdruck. (Das kann ein Vor- oder Nachteil sein). Diese Pferde fordern ihre Menschen mehr heraus (Das kann ein Vor-oder Nachteil sein). Diese Pferde zeigen deutlich ihren Charakter (Das kann ein Vor-oder Nachteil sein).

Ich denke, dass es zwischen diesen beiden Extremen ganz viele Abstufungen gibt und auch geben muss.

So wie es auch ganz viele unterschiedliche Pferde und Menschen gibt.

Ein Pferd immer als gleichberechtigten Partner zu sehen und zu behandeln kann auf Dauer gefährlich für Pferd und Mensch werden.

Ein Dialog zu führen ist immer wünschenswert, jedoch gibt es bestimmte Themen bei denen der Mensch immer das letzte Wort haben sollte, oder bei denen es noch nicht mal etwas zu diskutieren gibt. War ich bei Sunbeam noch der absolute Bestimmer und habe Diskussionen im Keim erstickt, so wollte und will ich bei Wolke alles anders machen.

Wolke sollte sich mir von Anfang an so zeigen wie sie ist

Ich wollte sie nie dominieren und sie zum bedingungslosen Gehorsam erziehen. Habe ich auch nicht gemacht und nun habe ich ein Pferd , dass klar sagt, was es gut findet und was nicht. Ich frage mich, ob ich sie dazu erzogen habe, oder ob es eh ein Teil ihres Charakter ist?!? Das bedeutet auf jeden Fall für mich, das ich mir klug und empathisch überlegen muss, wie ich sie davon überzeugen kann, das meine Idee eigentlich ihre Idee ist.

Das ist Entwicklung und hier entsteht Wachstum.

Meiner und ihrer. Wolke ist ein sehr energetisches Pferd. Wenn man nicht aufpasst, dann fliegt sie einem um die Ohren. Auch hier frage ich mich oft, ob ich sie dazu erzogen habe, oder ob es Teil ihres Charakter ist.

Und wie wäre sie wohl, wenn ich ein Bestimmer-Typ gewesen wäre?

Wäre sie dann auch so ausdrucksstark und kommunikativ? Hätte sie sich dominieren lassen oder hätte sie gekämpft? Habe ich bisher das beste aus ihr rausgeholt und ist sie bei mir so wie sie sein möchte? Oder ist sie so wie ich sie gerne hätte? Und wenn ich so an mir Zweifel, ob ich alles oder besser, mehr richtig als falsch mache, dann schaue ich in ihre Augen und sehe ihr strahlen. Und dann weiß ich wieder:

ALLES IST GUT.

Zum Leben gehört Liebe, Mut, Zuversicht, Vertrauen und Humor.

All das sehe ich in Wolke und versuche es ihr nachzumachen.